Unabhängig zur Bewahrung der Sklaverei
- Beat Ammann
- Mar 16
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Updated: Apr 7
Die amerikanischen Gründerväter sagten sich los vom Mutterland Grossbritannien, weil sie die Sklaverei bewahren wollten. Ja, weniger Steuern bezahlen auch, oder jedenfalls nur Steuern, deren Erhebung sie selbst zustimmten. Doch unterschied sich die Kolonie vom Mutterland insofern, als es in Amerika keine Anzeichen dafür gab, dass die Sklaverei als Wirtschaftsform ein Auslaufmodell sei.
In Grossbritannien hingegen stand schon seit 1772 ein epochales Gerichtsurteil in den Büchern, das von vielen damaligen Sachverständigen sogleich als Anfang vom Ende der Sklaverei im britischen Imperium verstanden wurde. Zwar dauerte es nochmals rund sechs Jahrzehnte, ehe das Ende tatsächlich eintrat, doch bestand zu jenem Zeitpunkt – in den 1830er Jahren – in den USA nicht die geringste Aussicht auf eine Abschaffung der Sklaverei.
Im Gegenteil: Die Südstaaten dominierten die Union institutionell und politisch. Wohl gab es im Norden etliche Gliedstaaten, welche die Sklaverei längst verboten hatten, doch hielten sich alle und jede – auch die meisten Abolitionisten, die aktiv gegen Sklaverei agitierten – an die Doktrin, wonach die Bundesregierung keine Kompetenz hatte, den Gliedstaaten die Sklaverei zu untersagen.
Der Konflikt, der letztlich zum Sezessionskrieg führte, entzündete sich an der Frage, ob neue Territorien und Gliedstaaten, die im Westen entstanden, mit oder ohne Sklaverei konstituiert werden konnten. Noch zu Beginn des Bürgerkriegs 1860 hielt sich der frischgebackene Präsident Lincoln an diese Grundregel, wonach Gliedstaaten frei darin waren, die Haltung von Sklaven zu erlauben oder zu verbieten. Zudem profitierten sogenannt freie Gliedstaaten im Norden von der Sklavenwirtschaft, manchmal mit der Teilnahme am Handel mit Sklaven, manchmal dank dem Handel mit Gütern, die von Sklaven produziert worden waren.
Fast unnötig zu sagen: Weisse waren Rassisten, auch die meisten Abolitionisten.
Es wird kaum je erwähnt, dass die Gründerväter – die meisten von ihnen Südstaatler, manche Sklavenhalter grossen Stils – um die Abschaffung der Sklaverei fürchteten. Klar ist, dass für sie Freiheit und Gleichheit, wie in der Unabhängigkeitserklärung gefordert, nur auf weisse Männer anwendbar war. Nicht auf Schwarze oder Rote, nicht auf Frauen.
Keinem dieser Revolutionäre wäre es in den Sinn gekommen, Sklaven beim Akt der Gründung der Vereinigten Staaten zu befreien. Im Gegenteil: Sie verhinderten Formulierungen und Begriffe in der Verfassung, die dereinst zur Abschaffung der Sklaverei hätten verwendet werden können. Das gelang ihnen nur zum Teil.
Die amerikanische Verfassung kann als Pro-Sklaverei- oder als Anti-Sklaverei-Dokument gelesen werden. Daher, so könnte man verkürzt argumentieren, war ein Krieg notwendig, um diese Frage zu entscheiden. Dass nach dem Krieg nochmals ein Jahrhundert weitgehend legalen weissen Terrors gegen die Schwarzen folgte, beweist, dass der Text der Verfassung hoffnungslos ambivalent ist, trotz einigen Verfassungszusätzen, die alles hätten klarstellen sollen.
Es wäre ahistorischer, «woker» Unsinn, die Gründerväter wegen Rassismus und des Perpetuierens ihrer Eigeninteressen auf den Müllhaufen mit den Bösewichten der Geschichte zu kippen. Ihre Versäumnisse und letztlich ihr Versagen zu benennen und zu beleuchten, ist jedoch unvermeidlich, will man die Ereignisse verstehen.
Die amerikanische Verfassung ist für den Tod von Millionen von Personen verantwortlich: Weisse Herren hatten jahrzehntelang das Recht, ungezählte Sklavinnen und Sklaven zu Tode zu arbeiten, und im Bürgerkrieg starben 700'000 oder mehr Personen, um dieses Recht zu schützen oder endlich zu beseitigen.
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